Dieser Beitrag wurde am 30. August 2015 veröffentlicht und zuletzt am 8. November 2019 von Sascha aktualisiert
Hochmut kommt vor dem Fall… K52 in Altenahr
Heute will ich euch eine kleine Geschichte erzählen. Eine Geschichte davon warum man eine noch so einfach anmutende Herausforderung eben doch nicht unterschätzen sollte.
Es begab sich dass unser Held, nicht ganz unerfahren was die Lauferei betrifft dem Ruf der Selbstläufer des SV Altenahr an die Burg Are folgte.
Diese begeisterten Läufern und Läuferinnen luden heuer zum 5. Panoramalauf um die Burg Are, extra zum Geburtstag gab es dann auch 5 Kilometer mehr für die Gäste. Man hatte sich mächtig ins Zeug gelegt um den Jubiläumsgästen das Feinste zu zeigen was Altenahr zu bieten hatte.
An der Martinshütte fuhren sie ein riesen Kuchenbuffett auf und feuerten die Grills an, kurz für das leibliche Wohl war mehr als gesorgt.
Der Held ( oder eben auch nicht) unserer Geschichte traf dort überpünktlich ein und empfing brav seine Startnummer. Die 43 sollte seine Zahl für den heutigen Tag sein.
Zusammen mit weiteren tapferen Recken der Eichhörnchenbande stand er bereit an der Startlinie und vertrieb sich die Zeit mit Posen und mächtig dummen Geschwätz. Alles wie immer könnte man sagen.
Das Unheil indes hatte schon ein paar Stunden zuvor im heimischen Anwesen begonnen. Dazu aber später mehr, denn auch unser Held ahnte ja noch nichts von seinem Schicksal.
Das Wetter war grandios, so würde man es wohl bezeichnen können. Keine Wolke trübte die Feierlichkeiten der Selbstläufer und so waren alle guter Dinge und fieberten dem Start entgegen.
Überpünktlich wurden die tapferen Läufer dann auch auf die Strecke geschickt, alle Starter egal welcher Distanz zusammen. Das kann ein etwas gefährliches Unterfangen darstellen wenn man sich an die „falschen“ Läufer hängt und unser Jüngling hing sich an einen weiteren Schwarzpunkt. Die Gäste waren nach Farben sortiert; blau, rot und schwarz. Aufsteigend nach der zu laufenden Distanz von 16 über 33 bis schließlich 53 km.
Die Schwarzpunkte sollten also diejenigen sein die sich an der verlängerten Jubiläumsstrecke versuchen sollten. Sein Zwilling indes wollte die K33 unter die Sohlen nehmen.
Die Strecke führte durch Weinberge, Wäldchen und Ortschaften. Abwechslungsreich und anspruchsvoll, ganz so wie es unserem Held eigentlich gefiel. Auf der Strecke sorgten ebenfalls nette, freiwillige Helfer für das Wohl der Läufer, es gab Cola, Wasser, Iso-Getränk sowie Kekse, salzige Erdnüsse und Schokolade. Da dies hier kein Foodblog ist will ich es bei dieser kleinen Auswahl belassen, nicht dass noch einer Hunger bekommt.
Die Vorbereitung auf diesen Lauf hatte unser Held etwas schleifen lassen, um genau zu sein hatte er sich quasi überhaupt nicht darauf vorbereitet. Die Anmeldung war recht spontan. Warum sollte er sich denn auch auf „lächerliche“ 52 km vorbereiten? Hatte er doch den deutlich weiteren Trail Römische Weinstraße Anfang August ebenfalls nahezu unvorbereitet als Schlussläufer beendet. Schon dieses Vorgehen hätte eigentlich in die Hose gehen sollen, aber das Schicksal meinte es wohl (zu) gut mit ihm. Den letzten Monat hatte er damit verbracht auf dem Stahlross (ok, ist aus Alu) zu sitzen, gelaufen war er quasi überhaupt nicht. Kein Lust hatte er gehabt. Hatte er wohl auch nicht nötig.
Bis km 12 lief es eigentlich ganz gut für ihn, dann aber ganz plötzlich und ohne Vorwarnung entschied sein Körper nicht mehr zu wollen.
Sein morgendliches Ritual vor solchen Läufen konnte er nicht einhalten da er verschlief. Sein jüngster Spross raubte ihm den Schlaf, ganze 4 Stunden gönnte er ihm. Das Ritual, ein längerer Aufenthalt im Bad (näher führe ich das jetzt nicht aus) fiel also quasi aus. Er wollte das an der Martinshütte dann nachholen, schwerer Fehler. Manche Dinge sollte man nicht unnötig verzögern. Während des Laufs durch das schöne Ahrtal fiel es schwer zu trinken, bei dem Wetter fatal. Er versuchte zwar an den VPs und auch unterwegs zu trinken, aber ohne das Ritual war das fast unmöglich. Eigentlich wusste er von diesem Umstand, wie schon geschrieben ist er ja nicht ganz unerfahren auf dem langen Strecken.
Schon nach dem zweiten VP war klar dass er beim Nächsten aussteigen würde, die 52 km erschienen absolut unmöglich an diesem Tage.
An jedem Anstieg litt er fürchterliche Qualen und verfluchte sich innerlich. Wie konnte er nur so arrogant gewesen sein davon auszugehen diesen Lauf ohne Vorbereitung, ohne Schlaf dafür aber mit vollem Verdaungstrakt mal eben so locker zu laufen? Viel zu schnell war er los gelaufen, hatte sich mitreißen lassen wie ein Anfänger. Trank nicht vernünftig trotz der prallen Sonne durch die er lief. Er beging nahezu jeden Fehler den man eben so machen konnte.
Am VPs 3 meldete er sich dann bei den Helfern ab, er wollte einfach nur noch auf dem schnellsten Wege ins Ziel. Ein DNF…sein erstes DNF. Eigentlich ja keine große Sache, aber jeder der das schon erleben musste kann denke ich mitfühlen. Es nagte, schon während dem Lauf. Es raubte das letzte Fünkchen Kraft und Motivation. Er würde ja bald im Ziel sein, sich ins Auto setzen können und mit hängendem Kopf nach Hause fahren.
Er stand also an VP 3, hatte bereits knapp 22 km auf der Uhr. War 150 Minuten unterwegs gewesen, 150 lange Minuten. Er erkundigte sich beim freundlichen Helfer was der kürzeste Weg ins Ziel sei, dieser erwiderte dass er auf der K33 noch gute 11 km vor sich habe, die K16 verlief auf dem selben Weg. So hatte sich unser Held das nicht vorgestellt, er wollte ins Ziel und nicht noch 11 km weiter laufen.
Er folgte also der K33 Strecke, eine schöne Strecke mit kleinen Pfaden über Wurzeln und Steine, am Wasser entlang an dem er sich kühlen konnte. Unter anderen Bedingungen hätte er es genossen hier zu sein. Heute sah er nur die wenigen Meter vor seinen Füßen, lauschte der Musik auf seinen Ohren. Saugte sich an zwei Belgiern fest um den Anschluss nicht zu verlieren. Wechselte ich sich mit ihnen in der „Führungs“ Arbeit ab, gewann bergauf selbst gehend immer wieder an Boden, ja überholte sogar die letzten Läufer auf der K33. Bergab und auf den flachen Teilen krampften seine Waden, er nahm Salz in rauen Mengen um die Krämpfe zu bekämpfen. Es begann langsam zu wirken, aber wirklich laufen konnte er dennoch nicht.
Sichtlich erschöpft trottet er also seines Weges, erfreute sich an jedem VP unterwegs. Aß Oliven und Erdnüsse, trank Iso und Cola um wieder zu Kräften zu kommen. Füllte seinen Magen was ihm das Laufen weiter erschwerte. Ein Teufelskreis.
Am letzten Berg vor dem Ziel lies er dann die Belgier und einen weiteren Läufer endgültig hinter sich. Berge laufen kann er gut, Berge gehen kann er noch besser. Eine Fähigkeit die einem Ultraläufer immer helfen kann, auch wenn er heute kläglich an der Ultradistanz gescheitert war.
laufen bis es nicht mehr geht, gehen bis es wieder läuft
sagt ein beliebtes Sprichwort unter Läufern. Gehen ging, laufen war schwer.
Als er auf die Helfer kurz vor dem Ziel traf waren diese ganz aus dem Häuschen, klar dachte er so schlecht war die Zeit ja garnicht wenn man davon ausging dass er die lange Strecke gelaufen war. Im Ziel wollten einige schon die Korken knallen lassen, unser Held lief das erste Mal in seinem Leben als Gesamtsieger ein, nach 4:21:xx hatte er die K52 bezwungen. Aber halt, nein er hatte ja gekürzt. Er signalisierte das den Helfern sofort, wollte nicht zu Unrecht gefeiert werden. Nach feiern war im absolut nicht zu Mute.
Er lief ins Ziel und hatte dennoch sein erstes DNF. Trotz der Wertung in der K33 war das an diesem Tage ein DNF, eindeutig. Auch die Tatsache dass er im Gegensatz zu einigen anderen die 33 km lief und nicht aufgab machten die Sache nicht besser. Er war gekommen um den K52 zu bezwingen und war gescheitert.
Jede Geschichte hat in der Regel ihre Moral; die Moral von dieser Geschichte ist folgende.
Du kannst noch so erfahren sein, Läufe gelaufen sein die doppelt oder dreimal so lange waren, deutlich mehr Höhenmeter aufwiesen oder sonst irgendwo „schwerer“ waren. Jeder Lauf ist einzigartig, jeder Lauf verdient maximalen Respekt.
Bereite dich darauf vor, Radtraining kann kein Lauftraining ersetzten, halte an deinen Ritualen fest wenn sie sich bewährt haben.
Der 5. Panoramalauf um die Burg Are war ein schöner, familiärer Lauf. Von Läufer für Läufer, so wie man es sich wünscht. Keine großen Sponsoren, kein Tamtam. Keine Starterbeutel mit unnötig Werbung und Dingen die man eh wegwirft. Eine Streckenführung die es in sich hat, die schöne Ausblicke bietet. Die gnadenlos durch Weinberge führt, die Schatten spendet im Wald. Ein Lauf der sich auch 2016 lohnen wird und dessen Ruf ich gerne wieder folgend werde. Besser vorbereitet und mit Spaß an der Sache.
Danke den Helfern und Organisatoren für diesen tollen Lauf auch wenn ich ihn nicht genießen konnte. Die fröhlichen Gesichter im Ziel sagten mehr als tausend Worte.
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Ist mir auch schon passiert. Da gibt’s nur eins: draus lernen und beim nächsten Mal besser machen. Wird schon :-).
War mein erstes DNF und wird aber bestimmt nicht das letzte gewesen sein, läßt sich nicht immer vermeiden. Ich sehe das jetzt ein paar Tage danach sehr gelassen, ich weiß ja warum es schief ging.
So manche Lehre zieht man doch im unpassenden Augenblick.
Wichtig ist dass man sie zieht, den Zeitpunkt kann man leider nicht immer selber wählen.