Vom 20.05. bis zum Morgen des 23.05.23 fand das „Race of the Champions – Backyard Masters“ in Rettert statt. Thomas (Running Podcast und Abgefahrn Podcast) und ich hatten im Vorgespräch zu unserer Aufnahme zu Episode 51 des Endurance Talk Podcast am Dienstagabend relativ spontan die Idee und dieses Jahr dort zu treffen. Wie der Zufall es so wollte, plante Chris von Minden, der in EP051 bei uns zu Gast war, ebenfalls dort zu sein und so waren wir uns nach der Aufnahme einig, uns Samstag in Rettert zu treffen.

Da Thomas schon Freitagabend mit dem Camper anreiste und ich ja mittlerweile nur eine knapp halbe Stunde vom Austragungsort wohne, stieg ich spontan ins Auto, um mich mit Thomas und Chris dort zu treffen.

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Den Hörer des Endurance Talk Podcast dürfte das Rennformat mittlerweile mehr als bekannt sein, gibt es doch kein Thema, das wir dort so oft angesprochen haben, wie dieses Format. Für alle, die mit den Regeln nicht ganz vertraut sind, empfehle ich diesen Beitrag „Backyard Ultra Marathon – Der neue Trend hat sich etabliert!

Wie auch im Jahr 2022 lud Alex Holl auch in diesem Jahr die Creme de la Creme der internationalen Backyard Elite und weitere herausragende Ultramarathonläufer zu diesem Event ein. Das beschauliche Rettert ist neben dem Original aus Tennessee der Ort, an dem man alle Möglichkeiten bekommt, zu zeigen, was in einem steckt. Als Besonderheit in diesem Jahr, hatte sich der Erfinder des Backyard Formats, Gary Cantrell aka Lazarus „Laz“ Lake angekündigt. Ein Grund mehr also, dort mal vorbeizuschauen.

In Rettert angekommen bot sich mir dasselbe, vertraute Bild wie bei meinem letzten Besuch. Links und rechts entlang des Starttunnels hatte ein Teil der Läufer und Crews ihre Zelte und Pavillons aufgebaut. In der Halle selbst hatte sich der andere Teil einquartiert. Überall hinge Landesflaggen der Läufer und die Stimmung war allgemein entspannt und ruhig. Egal, wohin man sich drehte, wurde eine andere Sprache gesprochen und sich ausgetauscht. Das Teilnehmerfeld war gewohnt stark und doch spürte man keinerlei Konkurrenzdruck am Tag vor dem Rennen.

Der Schinder Alex lief geschäftig durch die Gegend, zog hier noch ein Kabel, befestigte dort ein Banner und beantwortet jede erdenkliche Frage der Starter. Generell hatte Alex wieder für alles gesorgt; Strom, freies WLAN auf dem Gelände (Handyempfang ist nämlich echt schwierig dort) und zwei Kameras für den Youtube-Livestream.

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Chris, Thomas, meine bessere Hälfte und ich beschlossen noch, eine Runde spazieren zu gehen und die Laufrunde einmal selbst unter die Füße zu nehmen, bevor die Läufer dort am Samstag dann ihre Runden drehen würden. Was soll ich sagen; die Runde ist wirklich toll und führt über Wiesen, durch Wald und über Feldwege. Es gibt im Grunde einen Anstieg, den direkt am Start der Strecke startet, ein längeres welliges Stück und einen Abstieg. Insgesamt erläuft man sich so um die 100-120 Höhenmeter auf 6,7 Kilometer. Klingt machbar und nicht wirklich anspruchsvoll… die ersten 3 Runden. Überschlägt man aber mal kurz 10 Runden, landet man allerdings auch knackigen 67 Kilometern mit über 1000 Höhenmeter. Das alleine wären schon Werte für einen soliden mittellangen Ultramarathon in einem Mittelgebirge. In Rettert hatte allerdings niemand ernsthaft vor, nach 10 Stunden aufzuhören, mit vielleicht zwei Ausnahmen. Marina Kolassa hatte nach längere Laufabstinenz einen Ehrenauftritt und stieg wie geplant nach 3 Runden aus. Die zweite deutsche Starterin Emilia hatte ebenfalls einen Sonderstartplatz und musste nach drei Runden enttäuscht aussteigen. In den Augen aller, die vor Ort waren oder das Geschehen verfolgt hatten, gab es für diese Enttäuschung allerdings keinen Grund. Warum? Emilia ist 2011 geboren und somit die jüngste Teilnehmerin am Race of the Champions.

Der Dritte deutsch Starter war Wolfgang Neuweiler, der mit seinen 8 oder 9 Backyard Teilnahmen schon so etwas wie ein alter Hase in dem hierzulande noch neue Rennformat ist. Auch er blieb leider deutlich unter seinen eigenen Erwartunge und musste mit Kreislauf- und Magenproblemen aussteigen. Backyard ist offenbar auch für erfahrene Läufer schwer zu kalkulieren und voller Risiken.

Selbstverständlich haben wir dem Rennen in Rettert eine Episode im Endurance Talk Podcast gewidmet, die findet ihr hier.

Gewonnen hat das Ding übrigens der Italiener Antonia Di Manno mit 74 Runden (496,210 Kilometer) vor seinem Assist aus Dänemark David Stoltenborg. Was für eine unglaubliche Leistung!

Antonio Di Manno und David Stoltenborg zusammen unterwegs – Bild stammt von Antonio Di Manno

Jetzt hier nur die beiden letzten Läufer zu erwähnen und zu feiern, wäre nicht gerecht. Ich war bis auf Dienstag jeden Tag an der Strecke und habe gesehen, wie alle dort gekämpft haben. Von zum Teil wirklichen Dramen zu sprechen, wäre alles nur nicht untertrieben. Schaue ich auf die Ergebnissliste, fällt mir zu fast jedem Läufer eine Geschichte ein.

Sei es die rauchende und Redbull trinkende Isländerin Mari Jearsk, die mit einer 5- oder 6-köpfigen Crew angereist ist und quasi ein All-inkl Versorgungspaket hatte, oder der bis zum Schluss gut gelaunte Japaner Akihiro Maeda der ohne Crew dort war oder Filipino (bei dem ich dachte, er läuft für Irland) Jivee Tolentino der in seiner letzten vollendeten Runde (62!) nach 59Minuten und 56 Sekunden über die Ziellinie fiel, von seinem Betreuer aufgerichtet und wieder auf die Strecke geschickt wurde. Jeder wurde bejubelt und beklatscht und wie ein Gewinner gefeiert.

Die Kanadierin Amanda Nelson lief mit 56 Runden neuen kanadischen Rekord und war die letzte Frau auf der Strecke. Bis zum Schluss lief sie sehr konstant und ich war ehrlicherweise überrascht, als sie nicht wieder an der Startlinie stand.

Besonders dramatisch war das Ausscheiden vom Ungar Szilard Fodor (der die meiste Zeit mit Laufrock lief), der nach 57:11 ins Ziel kam und auf der Suche nach seiner Stirnlampe zu lange brauchte und so den Start verpasste. Auch er hatte keine Crew und ich bin mir sicher, dass wenn er eine eingespielte Crew gehabt hätte, dass ihm das nicht passiert wäre.

Ach … eine Trauung gab es bei Runde 27 übrigens auch im Start- und Zielbereich … Der Sieger lief das Ding in geklebten Schuhen ins Ziel und der Rumäne Alin Vorniceanu brannte Rundenzeiten von im Schnitt 38 Minuten auf den Schotter in Rettert. Er konnte sogar zwischendurch duschen, hielt das Ganze dann aber lediglich 20 Stunden durch.

Ich denke, ihr ahnt, wie ereignisreich ein Rennen sein kann, das 74 Stunden dauert. Aktuell findet übrigens der Suffolk Backyard Ultra statt, dort steht die Uhr bei 78 Stunden und neben dem Deutschen Hendrik Boury ist noch Oriol Antolisarrau auf der Strecke.

Dieser Backyard Modus ist einfach extrem faszinierend.

Was aber auch nicht unerwähnt bleiben darf ist, dass der Waschtl am selben Wochenende seinen ersten Triathlon gefinshed hat. Glückwunsch Waschtl!

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Sascha Rupp

Sascha Rupp

Ich laufe gerne weit und lange, mittlerweile fast ausschließlich abseits der Straße und meist weit weg von Asphalt. Trailrunning ist meine Art zu laufen, denn auf dem Trail oder im Wald, da finde ich Ruhe und Entspannung. An Bestzeiten bin ich nicht interessiert, Distanz ist, was mich reizt.View Author posts

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